Motorservice selbst gemacht

Ferry beim Motorservice

 

Nach 350 Motorstunden ist ein Motorservice bereits überfällig. Bislang hat das der Mechaniker unseres Vertrauens in Aquileia erledigt. Aber diesmal wollen wir das selbst machen. Motoröl und Getriebeöl war schon erworben und so kann es losgehen. Ich habe so etwas aber bislang noch nie gemacht.

 

Rumpelkammer

 

Erst wird einmal die Staukoje soweit ausgeräumt, dass man zu allen Öffnungen zum Motor kommt und Hand anlegen kann. Das verwandelt Alrisha’s Salon in eine Art “Rumpelkammer”. Was dort keinen Platz mehr findet wandert in die Eignerkoje und macht diese somit auch unbrauchbar.

 

Absaugen

 

Die erste Aktion ist dann das Absaugen des Altöles mit Hilfe einer Saugpumpe. Ca. 6 Liter können in einem Arbeitsgang abgesaugt werden – dann muss das Gefäß geleert werden. Dazu verwenden wir alte 5l Wasser- oder Weinflaschen. Insgesamt kommen so ca 9 Liter Öl zusammen. Das Getriebeöl macht nur rund dreiviertel Liter aus. Ich entleere auch den Diesel-Vorfilter und Brigitte reinigt ihn sorgfältig.

 

 

 

Dieselfilter und Ölfiler

 

Dann wird es mühsam. Der Kraftstofffilter und der Ölfilter sind abzubauen. Beide befinden sich am Volvo Penta D2-55 Model A seitwärts links und zwar genau dort wo keine Wartungsöffnung von den Bootskonstrukteuren vorgesehen wurde. Mit einem speziellen Werkzeug versuche ich sie zu öffnen. Der Erfolg war bescheiden und mir fällt ein Wort aus “Vettermanns Barawitzka Serie” ein: “KAZUNGA!”. Nun dann halt mit Gewalt. Ich malträtiere die Filter mit einem Schraubenzieher und versuche sie so ab zu bekommen. Das verwandelt die Motorbilge in einen Öl/Diesel/Wasser Sumpf 🙁 Wer Dreck macht muss auch putzen. Gut, dass ich Ölsaugtücher mitgenommen habe.

Dieselfilter malträtiert

 

Die nächste Idee war den Dieselfilter ganz ab zu bauen. Mit einem 12er Gabelschlüssel, der ich weiß nicht wie oft in der Motorbilge landet, rücke ich dem Teil zuleibe. Ich glaube, ich habe mehr Zeit mit dem Suchen und Bergen des Schlüssels verbracht, als mit dem Öffnen der Schrauben. Aber irgendwann stellt sich Erfolg ein. Rasch noch den Dieselschlauch von der Handpumpe los schrauben und schon habe ich alles in der Hand und kann es heraus ziehen.

 

endlich frei

 

Mit dem Teil wandere ich dann zu einer Werkstatt eines Vercharterers und bitte dort den Schraubstock verwenden zu dürfen. Eine Minute später ist der Filter von der Halterung befreit. Motiviert von dem Erfolg kriege ich jetzt auch den Ölfilter ab, da ich besser dazu komme. Der letzte Mechaniker, der hier Hand angelegt hat musste wohl Bärenkräfte besessen haben beim Anziehen der Filter. Die neuen Filter werden eingeölt und angeschraubt. Den Dieselfilter noch bevor die Halterung wieder am Motor angeschraubt wurde.

 

Suche nach diverse Teile

 

Ach ja, beim Anschrauben habe ich wieder ein paar mal den 12er versenkt und wieder heraufgeholt. Beim letzten Anziehen landet der Schlüssel auf der Motorhalterung. Da ich mich nicht mehr bewegen kann versucht Brigitte mit dem Greifer den Schlüssel zu bergen. Leider fällt er ihr dabei an einen Ort wo man einfach ohne Trennscheibe nicht mehr dazu kommt. R.I.P 12er Proxxon Gabelschlüssel!

 

 

 

Dieselspritze

Das eigentliche Drama beginnt aber erst jetzt. Der Dieselkreislauf war offen – muss also entlüftet werden. Das Werkstatthandbuch zu unserem Motor habe ich mir auf der Boot Düsseldorf besorgt. Ich öffne die Schraube am Dieselfilter und betätige die Handpumpe um solange Diesel zu fördern bis es am Filter austritt. Wir haben uns abwechselnd die Hände wund gepumpt, aber Diesel kam keiner. Nackte Verzweiflung macht sich breit. In meiner Not bin ich bereit jeden Betrag zu zahlen wenn nur ein kundiger Mechaniker weiterhelfen würde. Es gibt hier vier davon, aber keiner hat Zeit und Konversation ist äußerst schwer wenn man nur ein paar Brocken französisch kann. Merde!

Spritze wird verabreicht

Ich schreibe meinem Bruder, der dieses Handwerk erlernt hat und meinem ehemaligem Tauchlehrer, seinerseits Meister des Faches. Beide raten mir dasselbe: Fülle erst mal den Vorfilter und den Feinfilter mit Diesel und dann starten – er wird kommen. Also gehe ich zunächst einmal einen Reservekanister Diesel holen und fülle mir dann eine Plastikflasche ab. Fast ohne patzen wird der Vorfilter voll und dann macht sich wieder Panik breit. Muss ich den Feinfilter wieder abbauen? Aber was hat mir Peter alles geschrieben: “Eventuell mit einer OP-Spritze in die Entlüftungsöffnung einfüllen …”.

Impeller

Heureka! Das war der entscheidende Tipp! Etwa 50 “Spritzen” später ging endlich der Filter “über”. Rasch die Schraube darauf machen und zudrehen. Jetzt noch einmal die Handpumpe malträtieren und dann starten versuchen. Voilla! Er läuft an und läuft und läuft und läuft …

Während der Stehzeiten habe ich noch den Impeller getauscht – der hat auch schon ein paar Flügel eingebüßt und die Logge gereinigt. Und so kann ein Service schon mal drei Tage dauern. Wie in der guten, alten EDV: “Alles geht irgendwann einmal!” 😉

Fazit: Endlich wissen wir wozu wir all den medizinischen  Kram mitführen 🙂

6 Gedanken zu „Motorservice selbst gemacht

    1. Ferry Beitragsautor

      Bist Du sicher? Hast den Artikel ganz gelesen? Ich würd’ mich nicht auf ein so schönes Teil wie das Deine lassen ?

      Antworten
  1. guepo

    Ferdi, ich kann dein “Kazunga” deutlich hören !!!! Mit den kleinen Dieselpumpen habe ich und wohl alle “Freizeitmechaniker” so meine mehrstündigen Erfahrungen 😉
    Ich freue mich ganz hefig mit dir, dass alles wieder läuft.
    BRAVO

    Antworten
    1. Ferry Beitragsautor

      Danke, lieber Güpo! Man glaubt nicht, was man so alles lernt auf einer Langfahrt. Die “Spritze” war überhaupt das coolste. ?

      Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Die Datenschutz-GrundVerordnung (DSGVO) verlangt die Bestätigung, dass die eingegeben Daten gespeichert werden dürfen.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.